Auf Landesebene angeordnete Schulschließungen, leergekaufte Supermarktregale und eine Infodemie sondergleichen – obwohl einige aus meinem Umfeld diese Entwicklung von Anfang an vorausgesagt haben, bin ich schwer verstört. Und ihr so?
Das Ding mit der Infodemie
Gestern erhielt ich eine Elternvertreter-Mail vom Gymnasium mit behördlichen Hygienehinweisen. Dabei ließ es sich die Elternvertreterin nicht nehmen, diese mit ihren persönlichen Ratschlägen zu ergänzen. Honig schütze die Schleimhäute 10-12 Stunden vor Ansteckung hieß es da, man solle die Straßenkleidung nach dem Nachhausekommen sofort waschen oder zwölf Stunden lüften und noch einiges mehr. Alter Schwede! Was für ein Halbwissen. Für mich als Wissenschaftlerin lösen solche Aussagen physisch spürbares Unbehagen aus, wie generell die verwirrende Informationsflut in den Medien, sozialen Netzwerken und per Hörensagen. Lange war mir zum Beispiel gar nicht klar, dass der Erreger Sars-CoV-2 heißt, die Krankheit aber COVID-19. Für mich gehören solche Begrifflichkeiten zum Basiswissen, das von Anfang an auch so vermittelt werden sollte. Ebenso verunsichernd sind die infodemisch vermittelten Maßnahmen gegen die Krankheit (s. die Elternvertreterin). Händewaschen solle man und in die Armbeuge niesen (Ist das nicht ohnehin SELBSTVERSTÄNDLICH?!). Aber den Hinweis, dass man sein Smartphone regelmäßig desinfizieren sollte, habe ich bisher noch nirgendwo gelesen. Dabei bietet das Smartphone potenziell ein erheblich höheres Übertragungsrisiko als Türgriffe, Lichtschalter, Lenkräder, etc. Also, wie informiert man sich richtig? Was sind seriöse Quellen? In Sachen Corona-Virus empfehle ICH bei der Internetrecherche folgende Seiten, gerne auch im Abgleich miteinander:
- Robert-Koch-Institut (für den Privatmenschen allerdings meist wenig verwertbare Infos)
- Bundesgesundheitsministerium, Seiten der Länder
- Nachrichten-Magazine (Tagesschau und Zeitungen mit hohem journalistischem Qualitätsanspruch wie Zeit, Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung)
(Da steht übrigens nichts davon, dass Honig 10-12 Stunden lang die Schleimhäute vor Ansteckung schützt, liebe Elternvertreterin, auch wenn es natürlich deutlich schlimmere Tipps gibt, s.u.).
Achtung: Soziale Netzwerke sind übrigens KEINE Informations’quellen‘, sondern tragen Informationen nur weiter, meist nach dem Prinzip „Stille Post“. Wie jeder weiß, der das Spiel schonmal gespielt hat, kommt dabei am Ende in der Regel etwas ganz anderes heraus, als ursprünglich von der Quelle eingespeist.
Das Ding mit der Angst
Boah, das ist schon beklemmend, wenn die Regale im Supermarkt auf einmal leer sind, oder? Heute habe ich mehrere ältere Menschen mit Mundschutz oder Einmal-Handschuhen gesehen und immer wieder Leute, die sichtbar ratlos vor den Regalen standen. Die allgemeine Verunsicherung liegt schwer in der Luft und ist ebenso ansteckend wie dieser schreckliche Virus. Dabei muss ich immer wieder daran denken, wie normal dieser Zustand (ich meine den mit den leeren Regalen) für manch andere Länder ist und fühle mich in einer eigenartigen Mischung gleichzeitig beschämt und dankbar für den offensichtlichen Luxus, in dem wir in Deutschland leben. Ebenso versuche ich durch diese spürbaren Einschnitte und den Vergleich mit anderen Normalitäten nicht in Angst und Panik zu verfallen. Anhaltender Stress und Angst beeinträchtigt nämlich auch das Immunsystem und macht dadurch dann alles noch schlimmer (vgl. z.B. die Erläuterungen der TK über die Auswirkungen von chronischem Stress). Zuversicht und Fröhlichkeit, ja, zu lachen insbesondere, gelten dagegen als stärkend für das Immunsystem. Und da ich gerade viel über das Thema Angst geschrieben habe, weiß ich zufällig, dass Lachen und Singen auch ideale Gegenmittel gegen Angst sind. Also, wenn euch der COVID-19-Panikblues überkommt, dreht das Radio auf, spielt euren Lieblingssong oder tut es a capella: Singt los! Und fürs Lachen sind vielleicht ein paar dumme Witze ein Anfang???
- Was sagt eine Schnecke, die auf einer Schildkröte reitet? Huuuuuuuuuuiiiiiiiii
- Wie nennt man ein Foto von einer betrunkenen Person? Einen Schnapsschuss
- Ich habe mir die Apokalypse immer mit Zombies und Pumpguns vorgestellt, nicht mit Mundschutz und Desinfektionsspray
Mein neunmalkluger Vorschlag lautet daher: Lasst uns versuchen, beim Umgang mit der ungewöhnlichen Situation umsichtig und rational zu reagieren und trotzdem eine positive Einstellung beizubehalten. #Balance
Einem weiteren Grund, um seine Angst in Schach zu halten, hatte ich mich in meiner letzten Kolumne gewidmet: der Gefahr der Verblendung. Die nimmt im Zuge der COVID-19-Pandemie bereits äußerst skurrile Formen an und bricht den absurdesten Verschwörungs- oder Heilmitteltheorien Bahn. Folgende Behauptungen sind zum Beispiel derzeit im Umlauf und definitiv NICHT bestätigt*:
- Nach einem Gerücht in Indien könne Kuh-Urin oder -Dung COVID-19 heilen.
- In den sozialen Medien kursiert in Afrika der Tipp, Knoblauch helfe gegen den Coronavirus.
- Die Epidemie sei ein Bio-Waffen-Angriff der USA, heißt es in Gerüchten in Russland und dem Iran.
- Ein irakischer Polit-Kommentator verbreitet die Theorie vom Coronavirus als einem amerikanisch-jüdischen Komplott zur Dezimierung der Weltbevölkerung. Interessanter Fakt dazu: In Dean Koontz „The Eyes of Darkness“ (1981) bricht ein äußerst tödlicher Virus aus, der tatsächlich „Wuhan-400“ heißt. (Ich lass das hier einfach mal so stehen. Solche Zufälle soll’s ja geben …)
- Rechte Verschwörungstheoretiker in den USA vermuten wiederum, dass Bill Gates und die US-Demokraten hinter der Pandemie stecken.
- Und in Deutschland kursieren Falschmeldungen per Whats-App (Ich habe einen Bekannten in der Poltik, der mehr weiß …), dass Supermärkte schließen oder noch drastischere Maßnahmen folgen.
Leute, lasst euch nicht kirre machen. Bevor ihr etwas glaubt und erst recht bevor ihr etwas verbreitet, prüft die Original-Quelle kritisch. „Ich habe einen Bekannten, der …“ zählt nicht. Beweise sind gefragt (zum Beispiel, dass Honig vor dem Coronavirus schützt *roll mit den Augen*).
Das Ding mit der Freiheit
Schulschließungen kannte ich bisher nur in der Form von ‚hitzefrei‘, Versammlungsverbote und Ausgangssperren einzig aus Berichten über Bürgerkriege, Diktaturen und die Nazi-Zeit. Tja, das hat sich jetzt geändert. Damit ist der Virus nicht nur ein Angriff auf die Gesundheit, sondern auch auf demokratische Grundrechte. Es schränkt ein, sperrt ein, drängt einen zum sozialen Austausch in die digitale Parallelwelt, die ich trotz beruflich bedingter Intensiv-Nutzung sehr kritisch sehe. Wo führt das hin? Wie lange sollen die Einschränkungen gelten? Ein Impfmittel soll es frühestens zum Jahreswechsel geben. Sollen wir bis dahin eremitisch leben? Wie soll das, vor allem auch in wirtschaftlicher Hinsicht, funktionieren? Mir jedenfalls fällt in dieser Situation der überraschende Zusammenhang zwischen Alltags-Routinen und dem Gefühl der Freiheit auf. Wir wollen alles machen wie gewohnt. Das empfinden wir als Freiheit, noch viel mehr als jede Art von Spontan-Aktionen.
Seht ihr das auch so oder täusche ich mich? Schreibt mir dazu gerne in die Kommentare. Ansonsten ist mein Schlusswort für heute: Die Freiheit unserer Gedanken bleibt uns bis zuletzt. Nutzt sie! Denkt kritisch, denkt frei! Hallelujah!
*gefunden im Tagesschau Faktenfinder
Falls ein Link mal nicht mehr funktionieren sollte, freue ich mich über eine kurze Info per Mail!
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