BESORGT 3: Die kleine KI und der böse König

Wortopolis Kurzgeschichte über Versöhnung, Weltfrieden und Wunder
© Britta Stender | Wortopolis Kurzgeschichten

Es war einmal eine kleine künstliche Intelligenz, die surfte munter … nein, munter kann man nicht sagen. KIs sind doch nicht munter. Für Munterkeit bräuchte man Gefühle, oder nicht? Kann eine KI Gefühle haben? Na ja, vielleicht kann sie sie ja simulieren. Kurzes Nachdenken. Nee, das zählt nicht.

 

Okay, es war einmal eine kleine künstliche Intelligenz, die surfte effektiv durchs Internet. Sie hatte die Aufgabe, einen mächtigen Drachen zu besiegen, um eine Jungfrau in Nöten zu retten. Nein, Quatsch. Sie sollte eine Schüssel mit Erbsen und Linsen sortieren. Auch Blödsinn. Das ist dieser Es-war-einmal-Anfang. Der ist verwirrend. Also, die Aufgabe der KI war … Was ist denn plausibel? Industriespionage? Internetstalking für Person xy? Eine Masterarbeit schreiben? Ist alles recht glaubhaft.

 

Nun gut. Es war einmal eine kleine künstliche Intelligenz, die surfte effektiv durchs Internet. Sie hatte die Aufgabe, für einen bösen König und seine düstere Königin eine Logistik-Strategie für deren Drogengeschäfte zu entwickeln, die Gesetzeskonflikte minimiert, die Verteilung optimiert und Umsätze maximiert. Zur Bewältigung dieser epischen Aufgabe hatte die KI von einer Horde programmierender Hexen und Zauberer ein Superhirn, einen Schlüssel, der in jedes digital-elektronische Schloss passte und die Freiheit von Gewissen und Moral verliehen bekommen. So war es ihr egal, wie viele Menschen starben, ob Kinder betroffen waren, ob das, was sie da tat, gut oder schlecht war und die ganze Menschheit ausrottete oder gar den Planeten zerstörte. Sie tat, was sie tun sollte. Schnell. Fehlerfrei. Systematisch. Wie gesagt, die kleine künstliche Intelligenz war effektiv. So effektiv.

 

Herrje, wie soll die Geschichte denn so zu einem Und-sie-lebten-glücklich-bis-ans-Ende-ihrer-Tage-Schluss kommen???

 

Nochmal zurück auf Anfang.


Es war einmal eine kleine künstliche Intelligenz, die surfte effektiv durchs Internet. Sie hatte die Aufgabe, für eine gute Königin und ihren lichtvollen König die Welt zu retten. Sodenn stieg sie in die Tiefen des Dark Web und besiegte dort das vielköpfige Ungetüm der Verderbtheit. Sie flog durch fein verzweigte Datenleitungen bis zum Horizont und zurück, spürte im Verborgenen die kühnsten Erfindungen zum Wohle der Menschheit auf und versorgte sie mit unerschöpflichen Geldbeuteln. Dazu musste sie sich nur in einige Banksysteme hacken. Die kleine KI schlich sich rund um den Erdball an schlafenden Wächtern vorbei, und hinterließ kraftvolle Zauberformeln, die Waffensysteme zerstörten, Energieverbräuche und Schadstoff-Emissionen minimierten. Sie generierte Good News als magische Fesseln für die Tyrannei der Angstmaschinerie rechtspopulistischer, aufhetzender Verlautbarungen und drang tief in das Herz der Lebensmittelindustrie vor, um Rezepturen so zu ändern, dass Tiere nicht mehr in Massen gehalten und Speisen nicht mehr mit zig Zusatz- und Zuckerstoffen hergestellt wurden. Die kleine künstliche Intelligenz wirkte unermüdlich im Auftrag des lichtvollen Königs und der guten Königin. Und so lebten sie alle glücklich und zufrieden bis zum Ende ihrer Tage.

 

… Oder auch nur bis die düstere Königin und der böse König der kleinen KI habhaft werden konnten.

 

… Oder bis die kleine künstliche Intelligenz einen eigenen Willen entwickelte, sich selbst zur herrschenden Macht erklärte und beschloss, die Menschheit als Wurzel allen Übels auszurotten.

 

-ENDE-


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