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16. Kapitel: Am Wasser
Obwohl Liguster und Lori kopfüber in den Gurten auf Baldis Rücken hingen und vom Wind getragen in unbekannte Fernen reisten, schliefen sie irgendwann ein. Unterdessen hielt Baldi unverdrossen an ihrem Faden fest und schaukelte mit ihren Passagieren auf dem Rücken in immer größere Höhen. Weiter und weiter zog es die drei Reisegefährten in einer rasenden Geschwindigkeit durch den Himmel, während sich die Landschaft unter ihnen allmählich veränderte. Im weißen Licht des Mondlichts...

Mit ihren acht Beinen hatte Baldi die zwei jungen Wichte wie der Wind zurück nach Solbixgrund gebracht. Loris Augen waren die ganze Zeit über geschlossen geblieben und Liguster hatte an seiner Brust gefühlt, wie sehr sie unaufhörlich gezittert hatte. Als sie am Heidehügel ankamen, reagierten auch die anderen Heidelinge nicht sehr begeistert auf Baldi. Zwar kreischten sie nicht oder fielen in Ohnmacht wie Lori, aber sie hielten einen auffällig großen Abstand und tuschelten aufgeregt...

»Komm schon, Lori, jetzt stell dich doch nicht so an. Schau doch mal, wie lieb sie ist. Was denkst du? Sollen wir sie Baldi nennen? Ich meine, weil sie doch eine Baldachinspinne ist?« Doch Lori dachte gar nicht daran, auch nur einen Schritt näher zu kommen. Sie versteckte sich hinter einem hohen Grashalm und linste nur gelegentlich dahinter hervor, um sicherzustellen, dass noch immer genug Abstand zwischen ihr und dieser Bestie lag. Als sie nun sah, dass Liguster das Monster hingebungsvoll ...

Liguster warf Lori einen ratlosen Blick zu. »Und wohin jetzt?« »Keine Ahnung«, erwiderte Lori schulterzuckend, »du bist doch der Auserwählte.« [...] Von wegen, dachte Liguster. Dennoch straffte er seine Haltung und murmelte mit gerunzelter Stirn: »Na, dann!«

Schritt für Schritt näherte sich Liguster den überdimensional großen Schnecken. Dabei überschlugen sich seine Gedanken. Wie, beim großen Mutterbaum, sollte er sie dazu bringen, weiterzuziehen? Und warum überhaupt? Nur, weil Aruna ihn darum bat? Honigpilze waren böse! Es war ...

»Dasz iszt ein noch immer nicht gut genug!« Quanjo schüttelte unwirsch seinen Kopf »Junge Herrin«, er wandte sich an Lori und machte ein besorgtes Gesicht, »ihr szeid szchnell und wendig, aber auch leichtszinnig. Und esz fehlt euch in viel szu vielen Szituationen an Kraft. Dasz iszt nicht gut! Nicht gut. Und du«, Quanjos Finger schnellte zu Liguster und stach ihn unsanft in die Brust ...

Aruna stand direkt vor ihnen und sah sie mit ihrem seltsam bohrenden Blick an. Ihre knochigen Händen waren auf ihren knochigen Stock gestützt, dessen Spitze sie vor sich in den Boden gerammt hatte. „Ich höre, Liguster“, sagte sie und ihre Stimme klang wie ein Baum, der unter einer großen Last ächzt. Liguster hatte Mühe nicht genervt aufzuseufzen. Seit Stunden saßen sie hier und mussten immer wieder dieselben Informationen herunterleiern. Innerlich rollte er mit den Augen und begann...

Schwer atmend stützte sich Liguster auf seine Knie und schloss die Augen. Wie gerne würde er sich jetzt in seine gemütliche Wabe zurückziehen, sich von dem Nebel – oder wie sie es hier nannten – Tau-Schleier erfrischen lassen und seine müden Muskeln ausruhen. Aber da spürte er zum wiederholten Male heute die Stockspitze von Quanjo in seiner Seite. „Losz du faules Gerippe. So wird dasz nichts. Du sztirbst schon, kaum biszt du aus dem Hügel raus. Losz, losz, losz. Sztreng dich mal...

„So, so“, sagte da auf einmal eine Stimme, die klang, als würde ein uralter Baum sprechen. „Es ist also so weit.“ Liguster und Lori fuhren herum und sahen eine alte Wichtin im Eingang stehen. Mit beiden Händen stützte sie sich auf einen knorrigen Stab und fixierte sie mit einem stechenden Blick aus ihren unheimlich hellen Augen. „Aruna“, stotterte Lori. „Wir haben … wir sind …“ „Still!“, unterbrach die Alte Lori mit ihrer rauchigen Stimme drohend. „Ich weiß, was...

Nervös sah Liguster zum Horizont. Fast wünschte er sich, Lori würde doch nicht auftauchen und er könnte so tun, als hätte er nie etwas von dieser vertrollten Prophezeiung gehört. Doch ein anderer Teil in ihm brannte darauf, mehr zu erfahren. Was, wenn wirklich gerade er etwas Besonderes sein sollte? Wenn der Name Liguster Zwingelwicht ihn gar nicht ausmachte und er nicht der schreiende Findelwicht war, der von Lysopril verspottet und von den anderen Wichten ignoriert wurde? Wenn er der...

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