"Und sie lebten glücklich bis..." - Geheimnisse einer guten Ehe

So ganz aus der Mode gekommen, ist die Ehe scheinbar immer noch nicht. Nein, wie sich aktuell zeigt, ist die "gesetzlich anerkannte Lebensgemeinschaft" (=Duden) sogar ein hart umkämpftes Recht. Weil die Ehe eben nicht nur für private Romantik, sondern auch für staatliche Anerkennung und gesellschaftliche Integration steht. Tja, nun dürfen auch in Deutschland gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Das ist wichtig und schön. Punkt. Dennoch ist es bittere statistische Wahrheit, dass nur knapp mehr als jede zweite Ehe hält, ganz gleich ob man den Traum vom gemeinsamen Altwerden mit allem zur Verfügung stehenden Kitsch der Hochzeitsindustrie zelebriert und sich in inbrünstiger Überzeugung die ewige Liebe schwört oder nur nüchtern im Standesamt heiratet. Und der Grund dafür? Natürlich eine Verschwörung! Um ihr auf die Schliche zu kommen, muss man sich nur fragen, wer von dem ganzen Hochzeits-Scheidungs-Zirkus am meisten profitiert. Ich tippe ja auf die Spielzeug-Industrie, die an geschiedene Eltern mal eben so die doppelte Menge an Spielzeug verkauft ... Aber heute soll es hier ausnahmsweise mal nicht um die Verschwörung gehen, sondern darum, wie man sie am besten sabotiert. Und dazu gibt es nur eins: verheiratet bleiben.

 

Wortopolis Kolumne by Britta Stender
Wortopolis KOLUMNE | Geheimnisse einer guten Ehe | Bildquelle: pixabay.com, satyamkumarpe


Mediale Kitsch-Welten als heimliche Ehe-Killer

Liebe ist wankelmütig. Man könnte auch sagen: tagesformabhängig. Deswegen ist es für eine dauerhafte Partnerschaft gut, wenn es einem nicht allzu leicht gemacht wird, beim ersten Anzeichen von Problemen das Weite zu suchen. Und es ist wahr, dass gemeinsam (!) durchgestandene schlechte Zeiten einen noch enger zusammenschweißen. Dabei kann es das innige Gefühl tiefer Vertrautheit in einer langen Partnerschaft locker mit den Höhenflügen einer knisternden Leidenschaft aufnehmen. Außerdem sind für Kinder konstante soziale Beziehungen extrem wichtig und Scheidungen nachgewiesen traumatisch. Das alles sind gute Gründe für die Ehe.

Dennoch muss heutzutage niemand mehr heiraten. Und gerade deswegen erschließt sich mir die hohe Scheidungsrate nicht. Es sei denn, die Eheleute in spe glauben tatsächlich, die rosarot verklärte Welt in Liebesromanen und -filmen und der Klatschpresse sei die Realität. Dass 'wahre Liebe' wie ein immerwährendes Fest ist, mit der Eheschließung als ultimativer Krönung. Tja, dazu mal ganz nüchtern überlegt: Wenn die Hochzeit tatsächlich der schönste Tag des Lebens ist, was sagt das dann über das aus, was danach kommt? Da kann die Ehe doch nur noch abstinken ...

Die Ehe war zum jrößten Teile

 vabrühte Milch un Langeweile.

Und darum wird beim Happy End

im Film jewöhnlich abjeblendt

Kurt Tucholsky

In der Realität nach der TRAUMhochzeit sorgt der gemeinsame Alltag in all seiner schonungslosen und dauerhaften Nähe nämlich ganz schnell für die Entzauberung des oder der Liebsten. Von stinkenden Socken über unterschiedliche Vorstellungen in Sachen Haushaltsführung bis hin zum berühmten Viereinhalb-Minuten-Frühstücksei à la Loriot, muss die Liebe erstmal groß genug sein, um das auszuhalten. (YouTube-Tipp: Loriot - Das Ei ist hart - 3:02 min)

Neben 'Liebe' ist deshalb eine gesunde Portion Realismus ein gutes Mittel, um mit dem Ehealltag klar zu kommen. Absolut im Sinne der Scheidungs-Sabotage empfiehlt es sich daher für Heiratswillige, schon eine Weile zusammen zu wohnen, bevor sie heiraten, damit sie erahnen können, was da auf sie zukommt. Drum prüfe, wer sich ewig bindet, sagte schließlich schon Schiller.

 

Ehe als Institution der Triebregulierung und des Gütertauschs – warum eigentlich nicht?

Warum heiraten? Tipps zur Eheschließung!
Ja, die Ehe ist auch ein Vertrag | Bildquelle: pixabay.com, epicioci

 

 

Bevor man heiratet, sollte man sich als eine Art 'Anti-Illusions-Therapie' vielleicht erstmal darüber klar sein, dass Ehe und Liebe zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind, die man vollkommen unabhängig voneinander tragen kann. Die Liebesheirat ist in Europa überhaupt erst seit etwa 200 Jahren 'normal'. Davor war die Ehe eine gänzlich unromantische "Quelle des Bevölkerungswachstums", "Grundpfeiler des gesellschaftlichen Ordnungsgefüges" und "Mittel sozialen und wirtschaftlichen Zugewinns"(1). Ethnologe Volker Sommer schreibt, dass sogar bis in unsere Tage (= 90er Jahre) "handfeste ökonomische Interessen"(2) die Partnerwahl bestimmen. Das Wortopolis von Begriffen wie Mitgift, Brautkauf, Ehestiftung, Vernunftehe oder Geldheirat macht diesen Aspekt der Ehe deutlich und betont genau das, was Romantiker gerne ignorieren: Als gesetzlich anerkannte Beziehungsform ist die Ehe ein Vertrag und da steht nichts drin von Liebe.

 

Eine gute Ehe beruht auf dem Talent zur Freundschaft

 Friedrich Nietzsche

 

Auch wenn ich den romantisch verklärten Gemütern mit dieser Aussage auf die Füße trete. Es macht absolut Sinn über eine Heirat ganz vernünftig nachzudenken. Wenn man beispielsweise eine Pro-und-Contra-Liste zu der Eheschließung erstellt und auf der Pro-Seite als einziger Punkt 'Liebe' steht, dann sollte man  die Heirat vielleicht doch lieber nochmal überdenken. In neurologischer Hinsicht haben rationale Pro-Argumente nämlich deutlich mehr Konstanz  und Bestand als romantische Gefühle. Nicht umsonst glänzen berühmte Liebespaare in Literatur und Film wie 'Tristan und Isolde', 'Romeo und Julia', 'Scarlett und Rhett' oder 'Jack und Rose' gerade nicht durch eine lange glückliche Ehe.

 

Scheiß auf den Prinzen, ich nehm den Gaul

Manchmal habe ich den Eindruck, dass bei der Eheschließung das mit den schlechten Tagen einfach überhört wird:

 

"Was soll das heißen, in guten wie in schlechten Tagen? Ich dachte das heißt: in guten Tagen, bis dass die schlechten uns scheiden ..."

 

Dabei ist die Akzeptanz des ganzen Satzes "in guten wie in schlechten Tagen" eigentlich das größte Geheimnis einer guten Ehe, vor allem wenn man sich bewusst ist, dass niemand etwas über die Gewichtung gesagt hat. Und wieder sind wir bei übersteigerten Erwartungen als dem größten Feind einer dauerhaften Bindung. Der Märchenprinz gehört genauso ins Märchen wie die Märchenprinzessin. Im echten Leben wird der Ehemann auch mal zum Ehe-Oger, die Ehefrau zur Ehe-Hyäne. Selbst die 'große Liebe' hat ihre Tiefpunkte, an denen von ihr nichts mehr zu spüren ist. Und manchmal entsteht das 'große Glück' erst dadurch, dass sich im Laufe der Zeit mit viel Geduld und Nachsicht und Beziehungsarbeit die kleinen schönen Momente so aufsummieren, dass dann doch ganz märchenhaft aus dem Frosch-Gaul ein Prinz wird.

 

Tipps für die "schlechten Tage" und eine gute Ehe

Tipps für eine gute Ehe
Meine Top-Tipps für eine gute Ehe | Bildquelle: pixabay.com, pixel2013

 

An den guten Tagen läuft alles wie von selbst. Da ist man gerne verheiratet, schaut den Partner mit wohlwollend verklärtem Blick an und ist mit sich selbst und der Welt zufrieden. Aber dann ist man auf einmal 'bekindert', hat Stress bei der Arbeit, keine Zeit für oder keine Lust auf den Partner, hat ein Zipperlein hier, ein Zipperlein dort ... und was nun? Zeit für meine gesammelten Weisheiten zum Thema Ehe: 

  • Gemeinsames Lachen macht alles leichter!
  • Körperkontakt ist wichtig. Umarmen, anfassen, streicheln und küssen hält die Beziehung aufrecht. Und beim Thema Sex ist laut professioneller Ehe-Therapeuten-Meinung tatsächlich Quantität wichtiger als Qualität. Es funktioniert auch umgekehrt, aber dann mit Fokus auf Zeit und Intensität der intimen Begegnung. Fazit: Entweder auf Regelmäßigkeit achten oder darauf, dass es etwas Besonderes ist.
  • Gemeinsame Interessen sorgen für Gesprächsstoff. Und sprechen ist genauso wichtig wie lachen und anfassen.
  • Ohne Kompromisse geht es auf Dauer nicht. Also seid nicht so stur!
  • Es ist nicht immer alles eitel Sonnenschein. Und das ist in Ordnung so. Ihr müsst eure / euren Liebste/n auch nicht rund um die Uhr toll und liebenswert finden. Manchmal geht es in der Ehe auch ums Durchhalten. Und dabei helfen: lachen, reden, anfassen ...
  • Manchmal muss man für eine funktionierende Beziehung auch geben können, ohne eine Gegenleistung oder auch nur Anerkennung zu erwarten. Verzichten und auch einfach mal etwas 'wegstecken' zu können, gehört m.E. zu sozialen Beziehungen, insbesondere für Eheleute und Eltern nunmal dazu.

Und wem das alles mit der Beziehung dann doch zu anstrengend ist, dem bleibt ja immer noch die Mono-Ehe ...

 

Welche ultimativen Tipps habt ihr für eine gute Beziehung? Was sind eurer Meinung nach die größten Gefahren für das traute Miteinander? Schreibt gerne einen Kommentar!

 



(1) Ki Sook Do: Ehe und Ehebruch in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Untersuchungen zu Gutzkow, Stifter, Büchner und Fontane, Berlin: 2002

(2) Volker Sommer: Feste, Mythen, Rituale. Warum die Völker feiern. Hamburg: 1992.

P.S.: Die Bilder im Fließtext stammen von www.pixabay.de

 


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